Bildung in Sachsen-Anhalt neu aufstellen – unsere Schulen für morgen gestalten

Die Bildungskrise in Sachsen-Anhalt spitzt sich seit geraumer Zeit zu. Zahlreiche Bildungsgipfel in Bund und Ländern sind wohl neben dem akuten Lehrkräftemangel und dem daraus folgenden Unterrichtsausfall die besten Zeugnisse der akut schwierigen Situation. Und das ist mehr als ein statistisches Problem oder Ausdruck von Organisationsversagen der verantwortlichen Regierungen: Es ist individuell und gesellschaftlich eine schwere Hypothek, wenn Bildung nicht funktioniert. Gute Bildung und gute Bildungschancen für alle sind der Grundstein für die soziale Gerechtigkeit, für soziale Aufstiegsmöglichkeiten und sie sind der wichtigste Motor für gesellschaftlichen Fortschritt. Ohne gute Bildung fehlen Fachkräfte in allen Branchen. Und ohne gute Bildung fehlt die Basis für selbstbestimmte Teilhabe und für Gestaltungskraft.

Wenn wir über gute Bildung sprechen, muss das über die Notwendigkeit der Lösung akuter Krisen hinaus diskutiert werden. Selbstverständlich brauchen wir genug Lehrer:innen an allen Schulformen im Land, damit Unterricht und damit Bildung stattfindet. Aber ohne tiefgreifende Veränderungen werden unsere Schulen auch mit mehr Lehrkräften Kinder und Jugendliche nicht auf die Herausforderungen von morgen vorbereiten können. Ohne tiefgreifende Veränderungen werden sich bestehende Chancenungleichheiten nicht abbauen lassen, wird die Zahl der Jugendlichen, die Schulen ohne Abschluss verlassen, nicht sinken. Es braucht in Sachsen-Anhalt den Mut, den aktuellen Druck, der auf der Bildung lastet, für Veränderungen zu nutzen. So gestalten wir unsere Schulen für morgen.

Längeres gemeinsames Lernen für mehr Bildungsgerechtigkeit und individuelle Förderung. Internationale Studien kommen regelmäßig zu dem Schluss, dass die frühe Aufteilung von Schüler:innen an verschiedene Schulformen zu sozialen Ungerechtigkeiten führen, beziehungsweise diese verstärken. Zudem erreichen Länder ohne frühe Segregation in der Bildung in den PISA-Studien regelmäßig bessere Ergebnisse, als solche mit früher Aufteilung.

Es ist also von Vorteil, das gemeinsame längere Lernen zu fördern. Das stärkt die sehr individuellen Bildungsbiografien von dann weniger benachteiligten Kindern. Und es ermöglicht dem Bildungssystem in Sachsen-Anhalt, Talente nicht nur zu entdecken und auszubauen, sondern auch die Förderung auf das Kind auszurichten. Das alles kann zu mehr Schulerfolg führen. Und mehr Schulerfolg, weniger Schulmisserfolg und nachhaltige Hilfe bei der beruflichen Orientierung helfen auch den Unternehmen und Arbeitgebern, die in Sachsen-Anhalt händeringend Fachkräftenachwuchs suchen.

Für längeres gemeinsames Lernen soll:

  • Die Grundschulzeit auf sechs Jahre verlängert werden. Dabei sind vor allem in den letzten Grundschuljahren differenziert ausgebildete Fachlehrer:innen einzusetzen, um dem spezifischeren Lehrstoff dieser Klassenstufen gerecht zu werden. Das Grundschullehramtsstudium muss entsprechend diesen Ansprüchen überarbeitet werden. Zur weiteren Schullaufbahn nach der Grundschule sollen Eltern UND Schüler:innen durch die Lehrkräfte an der Grundschule in der sechsten Klasse beraten werden. Das im Zeugnis dokumentierte Leistungsprofil ist dabei EIN Kriterium dieser Beratung. Diese Beratung muss weiterhin ihren empfehlenden Charakter behalten. Eine verbindliche Schullaufbahnempfehlung lehnen wir ab.
  • Die Gemeinschaftsschule als echte Alternative gefördert werden. Sekundarschulen und Gymnasien, die sich zu Gemeinschaftsschulen weiterentwickeln wollen, sollen durch Anreize und konzeptionelle Beratung auf diesem Weg unterstützt werden. Ziel muss eine „Schule für Alle“ mit funktionierende Binnendifferenzierung und Querdurchlässigkeit der Schullaufbahnen sein. Im Idealfall könnten durch Verbünde mit Grundschulen Bildungscampusse entstehen, die Kinder und Jugendliche von der Einschulung bis zu jedem möglichen Schulabschluss durchlaufen können.

Für chancengerechte Bildung in Sachsen-Anhalt müssen alle Schulformen konzeptionell gestärkt
werden. Besonders Sekundarschulen haben im Moment einen schlechten Ruf. Nicht nur ist der
Lehrer:innenmangel an dieser Schulform besonders hoch, durch die Zusammenlegung mit der
Hauptschule hat der eigentlich „mittlere“ Bildungsweg in Sachsen-Anhalt inzwischen das Image
des „geringer qualifizierenden“ Schulzweigs. Dem ist nicht mit dem Zwang einer verbindlichen
Schullaufbahnempfehlung, sondern nur mit besonderen Anstrengungen für eine bessere Qualität
der Sekundarschulen zu begegnen.

  • Bei allen Maßnahmen zur Lehrkräftegewinnung, Studierendenakquise und modernen Konzepten gegen Unterrichtsausfall müssen Sekundarschulen schwerpunktmäßig betrachtet werden. Dabei sind auch Bildungsbiografien von Menschen, die selbst kein „klassisches“ Abitur am Gymnasium abgelegt haben, als Ressource einzubeziehen. Lehramts-Studienplätze für Nicht-Abiturient:innen (zum Beispiel Fachabiturient:innen oder mit dem Abitur im zweiten Bildungsweg oder mit anderen qualifizierenden Voraussetzungen) können für mehr Lehrkräfte sorgen, die sich auch aus eigener Bildungserfahrung der Sekundarschule zuwenden und dort Vorbild und Identifikationsfigur sein können. Neben der Berufsorientierung muss an Sekundarschulen auch die Vielfalt der möglichen (Aus-)Bildungswege und -stufen nach der Schule einen größeren Raum einnehmen. Das gilt auch umgekehrt für Gymnasien. Hier sollte neben Informationen zum reinen universitären Studium auch zu Ausbildungsberufen und dualen Studiengängen verpflichtend und umfassend informiert werden.
  • Die Entwicklung der Ganztags-Grundschulen muss konzeptionell begleitet werden. Ganztag ist mehr als Schule und Hort. Ganztagsgrundschulen bieten die Chance, formale und nicht formale, schulische und „außerschulische“ Bildung nach modernen lernpsychologischen Erkenntnissen zu rhythmisieren (dabei könnten und sollte auch die Uhrzeit des verbindlichen Unterrichtsbeginns neu gedacht werden – weg von organisatorischen, hin zu Kinder-Bedürfnissen). Auch die Gestaltung von Freizeit und Erholung müssen einen wichtigen Aspekt im Rahmen eines Ganztagsschulsystems spielen. Dabei können Bildungschancen – vor allem im Bereich der nichtformalen Bildung – durch fakultative Angebote von Dritten im allen zugänglichen „Raum Schule“ gerechter verteilt werden. Dazu bedarf es enger Abstimmungen und einer gemeinsamen Struktur von Schulen und Hortträgern und einer lebendigen Kooperation mit freien Trägern der Kinder- und Jugendarbeit, von Kultur, Sport etc. Grundschulen sollen sich dafür auch baulich zu „Lernhäusern“ entwickeln. Das Land soll für dieses Ziel ein Konzept zum Beispiel nach dem Vorbild des Münchener Lernhausmodells für alle Grundschulneubauten entwickeln. Auch Familienarbeit und -bildung soll dabei eine Rolle spielen. Auf diese Weise rücken Grundschulen auch wieder ins Zentrum von regionaler Gesellschaft.
  • Für Grundschulen ist in jeder Kommune ein „Grundschulsozialindex“ zu entwickeln. Je nach sozialer Lage werden mehr finanzielle Mittel für Schulen in herausfordernden Lagen eingeplant. „Ungleiches ungleich“ behandeln ist das Motto, um mehr Bildungsgerechtigkeit herzustellen. Eine kommunale Bildungsberichterstattung ist in allen Kommunen vorzunehmen.

Der Lehrkräftemangel ist das akuteste Bildungsproblem im Moment und er wird eine Herausforderung bleiben. Auf diese Herausforderung gibt es keine einfache Antwort, schon gar nicht eine, die den Beruf noch unattraktiver macht. Wir schlagen eine Vielzahl von Maßnahmen vor:

  • E13/A13 sollte als Einstiegsgehalt für alle Grundschullehrkräfte SOFORT eingeführt werden. Bisher haben wir einen Wettbewerbsnachteil gegenüber all unseren Nachbarbundesländern, die schon seit längerem das höhere Gehalt an ihre Grundschullehrer:innen zahlen. Sachsen-Anhalt kann es sich nicht leisten diesen bis 2025 maximal stückchenweise abzuschmelzen.
  • Seiteneinsteiger:innen fördern! Durch sinnvoll strukturierte, auf den Berufsalltag als Lehrkraft im Seiteneinstieg zugeschnittene Qualifikation soll es ihnen ermöglicht werden, bei Bezahlung und Aufstiegsmöglichkeiten Gleichstellung zu den Lehrkräften zu erlangen, die ein Lehramtsstudium absolviert haben. Auch Seiteneinsteiger:innen auf Zeit müssen besser betreut und bezahlt werden.
  • Sonderzuschläge auf das Gehalt von Lehrkräften, wenn diese sich entscheiden, in bestimmten Mangelfächern, Regionen oder Schulformen zu unterrichten oder bestimmte Integrations- und Vielfaltskompetenzen aufweisen. Damit kann eine Lenkungswirkung in genau die Bereiche erreicht werden, in denen der Lehrkräftebedarf am größten ist. Bisher wartet das Land Sachsen-Anhalt ein bis zwei Ausschreibungen, bis die leer gebliebenen Lehrkräftestellen mit Zuschlägen versehen werden. Wir plädieren dafür, dass die Sonderzuschläge von Anfang an für die Bereiche gewährt werden, in denen einen Mangel besteht.
  • Die sinnvolle Integration von Verwaltungspersonal, Schulsozialarbeiter:innen, pädagogischen Fachkräften und Digitalassistent:innen in den Schulalltag, um Lehrkräfte von Aufgaben zu entlasten, die nichts mit dem Unterrichten zu tun haben.
  • Die Ausbildung von Lehrkräften in Sachsen-Anhalt soll gestärkt werden. Dazu müssen die vorhandenen Potenziale an beiden Universitäten unseres Bundeslandes vollständig genutzt und nicht wie bisher auf einen Standort begrenzt werden. Ein Weg kann die duale Lehrkräfteausbildung sein, durch die die Praxisanteile im Lehramtsstudium erhöht werden und Studierende schneller an konkrete Schulen im Land gebunden werden können. Außerdem ist es sinnvoll, das Lehramtsstudium für die unterschiedlichen Schulformen in ein schulstufen-bezogenes Lehramtsstudium umzuwandeln. Angehende Lehrkräfte würden dann nicht mehr speziell für das Gymnasium, die Sekundarschule oder Grundschule ausgebildet sein, sondern das Lehramtsstudium könnte sich in die Primärstufe, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II gliedern. Und: Die Zugangsvoraussetzungen für das Lehramtsstudium gehören auf den Prüfstand. Ein Numerus Clausus ist kein qualifiziertes Kriterium, um zu erkennen, wer für die Lehrer:innenausbildung geeignet ist. Wir begrüßen den Vorschlag der Landesregierung einen dualen Lehramtsstudiengang an der OvGU einzuführen und ermutigen darüber hinaus zur Durchführung des Pilotprojekts dualem Lehramtsstudium auch “ohne klassisches Abitur” an der Hochschule Anhalt. Ebenfalls sollte das Ein-Fach-Lehramt, oft auch Doppelfach-Lehramt genannt, für die Fächer Kunst, Musik und Sport in Sachsen-Anhalt als zusätzliches Angebot zum bisherigen Lehramtsstudium eingeführt werden.

Etwa zehn Prozent aller Schüler:innen in Sachsen-Anhalt besuchen eine freie Schule. Damit sind die Schulen in freier Trägerschaft ein wichtiger Akteur und müssen Partner unseres Landes im Kampf um bessere Bildung sein. Deshalb dürfen sie nicht länger finanziell schlechter gestellt werden. Das Land sollte sich nicht erst durch Gerichtsurteile zwingen lassen, freie Schulen
auskömmlich zu finanzieren, sondern partnerschaftlich und wertschätzend im Umgang, ihre Leistungen angemessen vergüten. Schulen in freier Trägerschaft sollten einen gleichberechtigten Zugriff auf Förderungen und Finanzierungen durch Land, Bund und die EU erhalten.

Schulsozialarbeit ist ein wichtiger Baustein zur Sicherung von Schulerfolg und Teilhabe, zum Abbau von Bildungsungerechtigkeit und für die Bewältigung von Krisensituationen. Schulsozialarbeit funktioniert, wenn sie Stabilität und Verlässlichkeit bietet. Dafür braucht es einen ebenfalls stabilen und verlässlichen Rahmen. Wir fordern deshalb ein Landesprogramm Schulsozialarbeit, das

  • unter Beachtung des Grundschulsozialindexes an jeder allgemeinbildenden Schule in Sachsen-Anhalt mindestens eine:n Schulsozialarbeiter:in sichert.
  • nach dem Vorbild des sächsischen Landesprogrammes schulgesetzlich verankert die Schulsozialarbeit finanziert. Das Land soll dabei 80 Prozent der Kosten übernehmen, die restlichen 20 Prozent entfallen auf den Schulträger.

Die Digitalisierung ist mehr als das im Moment omnipräsente Schlagwort. In ihr stecken auch für die Bildung mehr Chancen und Potentiale als Herausforderungen. Und es ist unerlässlich JETZT auch auf digitale Bildung zu setzen, wenn unsere Schüler:innen in der zukünftigen, immer digitalisierteren Welt bestehen können sollen.

In der Coronapandemie haben sich, auch wenn viele Schüler:innen in Sachsen-Anhalt davon nicht profitieren konnten, die Möglichkeiten digitaler Lernplattformen für alle gezeigt. Von Videokonferenzen über onlinebasierte Studiengänge bis hin zu Handy-Apps – digitale Anwendungen können Bildung nicht nur in einen anderen Lernraum führen, sie können auch die Art des Lernens, die Orte des Lernens und die Zeiten des Lernens verändern. Nur, wenn wir die darin liegenden Chancen aufgreifen, werden Schüler:innen aus Sachsen-Anhalt ganz vorn dabei sein können, wenn es um die Bildung für morgen geht.

  • Digitalassistent:innen sollen an allen Schulformen Lehrkräfte von der Administrierung der Hardware entlasten, beraten und weiterbilden. Die Administration von Geräten muss dabei vom Land verbindlich und rechtssicher geregelt sein.
  • Informatische Bildung, bzw. Informatik als Pflichtfach ab Sekundarstufe I ist auch für Sachsen-Anhalt als Leitfach der digitalen Bildung einzuführen, um Schüler:innen zu kreativem Umgang mit der digitalen Welt zu befähigen, Medienkompetenz zu stärken und ihnen die entsprechenden beruflichen Perspektiven zu eröffnen.
  • E-Learning-Tools müssen in der Zusammenstellung der Lehrmittel und bei der Entwicklung von Curricula und Unterrichtsinhalten gleichberechtigt betrachtet werden. Sie sind ein wichtiger Baustein für digitale Bildung.
  • Digitale Bildung ist auch selbstbestimmtere Bildung, Schüler:innen sollen schwerpunktmäßig das Selbstlernen erlernen.
  • Die digitale Kompetenz und die Digitalvermittlungskompetenz von Lehrenden muss fester Bestandteil der Lehramtsausbildung sein. Für Bestandspersonal sind Fortbildungen im Umgang mit digitalen Lehrkomponenten unerlässlich.
  • Die Pandemie hat auch Kinder in den Blick gerückt, für die ein normaler Schulbesuch wenig oder nur unter großer Gefahr möglich ist. Für diese gefährdeten oder kranken Kinder war das Distanzlernen ebenso eine Chance auf sicheren Unterricht, wie es für deutsche Kinder im Ausland oder Kinder von Schaustellerfamilien eine Chance auf kontinuierlichen Unterricht sein kann. Auch hier bieten sich mit digitalen Plattformen gute Möglichkeiten. Langfristig soll Sachsen-Anhalt, gemeinsam mit den anderen Bundesländern, eine Digitale Schule entwickeln und errichten, die von der ersten Klasse bis zum mittleren Schulabschluss geregelten Online-Unterricht für alle Kinder bietet, die begründbar nicht an „klassischem Schulunterricht“ teilnehmen können. Ebenso kann eine solche Digitale Schule ersatzweise Unterricht bieten, wenn Kinder zum Beispiel im Krankenhaus oder während eines Kuraufenthaltes nicht zur Schule gehen können.

Schülerinnen und Schüler verbringen nicht nur einen großen Teil des Tages, sondern auch viel Lebenszeit in der Schule. Zum Glück sind Schulen heute nicht mehr die Paukanstalten früherer Jahrhunderte. Schule ist heute ein Lebensort. Das gilt auch für Lehrer:innen, Schulpersonal und Familien. Schulen als Orte des Zusammenlebens sind auch Probier- und Lernorte für Demokratie und Gesellschaft. Sie müssen angstfreie Räume für alle sein und Platz bieten für Persönlichkeitsentwicklung auch jenseits der formalen schulischen Bildung.

  • Dafür muss sich an Schulen die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegeln. Diskriminierungssensibel sollen sie Orte sein, an denen Menschenfeindlichkeit keinen Platz hat. Die Stärkung der Kompetenzen von bereits ausgebildeten und angehenden Lehrer:innen in den Bereichen Kultursensibilität und Geschlechtervielfalt ist dabei ebenso wichtig, wie der Einsatz mobiler Beratungsteams, besonders für die ländlichen Räume.
  • Im Landesschulamt soll eine Anti-Bias-Stelle alle Lehr- und Lernmittel auf diskriminierende Darstellungen untersuchen. Es fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt, wenn in Sachsen-Anhalt Klischees und Vorurteile nicht reproduziert werden, und stattdessen nur diskriminierungsfreie Lernmaterialien zum Einsatz kommen.
  • Spracherwerb ist der Schlüssel zur Integration. Deshalb sollen DAZ- Lehrkräfte regelhaft an allen Schulen Kinder unterstützen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Des Weiteren sollen alle Lehrkräfte regelhaft an allen Schulen im Umgang mit lebensweltlicher Mehrsprachigkeit fortgebildet werden. Der Raum für den Einbezug von Mehrsprachigkeit in den Unterricht sollte geöffnet werden. Das Land sollte Unterrichtsangebote für Herkunftssprachen schaffen und diese nicht an ehrenamtliche Strukturen auslagern.

Das bestehende Bewertungssystem mit Noten wird von der Wissenschaft als oft nicht objektiv kritisiert. Es bildet individuelle Lern- und Entwicklungsschritte unzureichend ab und gibt in der Bewertung zu oft eher Talent und körperliche Voraussetzungen wieder. Zudem kann es, wie auch für Erfolgserlebnisse, Anlass für starkes Erleben von Misserfolgen oder Demütigung bis hin zum Mobbing zur Folge haben. Deshalb gehört das bestehende Notensystem auf den Prüfstand! Wenn Schule der Zukunft sich an den Erkenntnissen von Bildungswissenschaften orientiert, müssen auch Erkenntnisse zu Bewertungssystemen für diese Schule gelten.

Für das Fach Sport wollen wir außerdem:

  • Mehr Umkleidekabinen:
    • Mindestens eine zusätzliche Umkleidekabine, die für trans*, inter* und nichtbinäre Menschen zur Verfügung steht, im Falle, dass diese sie benutzen wollen.
  • Keine Trennung!
    • Wir lehnen eine Trennung in binäre Geschlechter während des Sportunterrichts ab,fordern aber auch Safer Spaces für FLINTA* und kritische Diskussionsräume zu Diversität, Körperlichkeit und Sexismus, welche für alle Schüler*innen verpflichtend sind. Außerdem müssen Lehrkräfte besser für den Umgang mit verändernder Körperlichkeit sowie diversen Körpern geschult werden.
  • Angstfreie Schulen sind Mobbing-freie Schulen. Wir wollen, dass das Land den Einsatz gegen Mobbing verstärkt und Anti-Mobbing-Initiativen an Schulen unterstützt und fördert.
  • Schulen sollen Probier- und Erlebnisraum für Demokratie sein. Wer schon in jungen Jahren demokratische Teilhabe und Selbstwirksamkeit erlebt, ist später weniger empfänglich für Populismus und Hetze. Für Demokratie begeistern gelingt am besten im Tun. Deshalb soll die Vermittlung von Demokratieverständnis fächerübergreifendes Prinzip an unseren Schulen sein. Schüler:innen sollen gefragt werden und mitbestimmen können. Wirklich und wirksam. Ein Schritt dazu ist die Einführung der Drittelparität in den Schulkonferenzen. Das Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist eine in Sachsen-Anhalt breit getragene Struktur mit zahlreichen Projekten zur Demokratieförderung. Es ist notwendig die das Netzwerk koordinierenden Strukturen dem immer weiterwachsenden Netz anzupassen.
  • Schule als Orte, die Gesellschaft abbilden, bedeutet auch „Schule für Alle“ sein. Das in Sachsen-Anhalt fest etablierte und kaum hinterfragte Förderschulsystem verhindert aber Inklusion. Das ist besonders problematisch, da die UN-Behindertenrechtskonvention uns, auch in Sachsen- Anhalt, zu inklusiver Bildung und Teilhabe verpflichtet. Für die überdurchschnittlich hohe Zahl von Förderschüler:innen mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ oder „Geistige Entwicklung“ in Sachsen-Anhalt gibt es noch keine gute Erklärung. Sie ist aber bedenklich, zumal dort keine Schulabschlüsse erworben werden können. Selbstverständlich braucht es für gelingende Inklusion an Regelschulen konsequente strukturelle Veränderungen. Besondere Förderung und Betreuung sind aber auch dort möglich, wenn die bisher an den Förderschulen tätigen Fachkräfte gemeinsam mit den Schüler:innen ins Regelschulsystem wechseln. Frühförderstätten und Förderzentren kommt auch bei gelebter Inklusion ein hoher Stellenwert zu.

Auch baulich müssen unsere Schulen für inklusive Beschulung fit gemacht werden. Im Landesschulbauprogramm müssen entsprechende Standards für Neu-, Aus- und Umbau und Renovierung verankert werden.

  • Nachhaltige Entwicklung muss fächerübergreifendes Lehrziel sein. Grundschulen sollen dafür grundsätzlich einen eigenen Schulgarten oder Zugang zu einem Schulgarten haben.
  • Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) muss ein fächerübergreifendes Lehrziel sein. Schulen sollten Zugang zu langfristigen Projektflächen erhalten, die sich an dem Bedarf der Schule orientieren und die Möglichkeit eröffnen BNE praktisch zu erleben. Dies kann zum Beispiel ein Schulgarten, eigene Energieprojekte oder ein Wildnis-Biotope sein.

Schulische Ausbildungen sollen in Sachsen-Anhalt grundsätzlich schulgeldfrei angeboten werden. Das Land soll sich für die höhere Attraktivität dieser Ausbildungsberufe für Ausbildungsentgelte einsetzen. Speichern Korrigieren

Beschlossen auf dem 48. Landesparteitag in Wittenberg am 6. Mai 2023.