Nur gemeinsam

Auf der Grünen Woche (IGW) feiern sich alle: Die Bundesländer feiern ihre regionalen Produkte, für die Besucher ist die IGW eine riesige Fressmeile, der Bauernverband feiert sich selbst, die Bundeslandwirtschaftsministerin steht eine Woche im Fokus des Rampenlichts und ist in ihrem Element – es ist ein großes Sehen und Gesehen werden. Es könnte so schön sein: Auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin.

Ein Beitrag von Britta-Heide Garben, Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Dort trifft sich die Branche in ihrer ganzen Spannbreite – da kommt man ins Gespräch. Da sprechen sogar die Agrarindustrieverbände mit dem Umweltverbänden wie WWF und dem BUND und konventionelle Bauern mit Bio-Bäuerinnen. So schön könnte es sein. Endlich redet man miteinander statt übereinander und unterschiedlichste Ansichten kommen zusammen. Von allen Seiten hört man: Es tut sich was, es muss einen neuen Anfang geben. Vielleicht steht dann am Ende dieser Gespräche endlich fest, wie die „richtige“ Landwirtschaft auszusehen hat.

Das wünschen sich nur die Landwirte, sondern auch die Teilnehmer der „Wir haben es satt“-Demonstration. Aber ist es da nicht schon ist es wieder vorbei mit dem Miteinander-Reden-Wollen? Schon hier prallen wieder Meinungen aufeinander, die gegensätzlicher nicht sein könnten – meint man. Ist das denn aber wirklich so? Essen ist politisch, da sind sich alle einig. Miteinander reden will man auch, das ist man sich ebenfalls einig. 
Vor der Toren der Grünen Woche wird für besseres, gesünderes, politischeres Essen und gegen die Agrarindustrie demonstriert. Es geht also doch nichts zusammen. Das nennt man wohl „verhärtete Fronten.“ Aber geht es überhaupt noch um eine Weiterentwicklung der Landwirtschaft?

Ich bin nicht sicher, denn ich bin seit einigen Jahren in beiden Welten unterwegs und versuche Brücken zu schlagen und Mut zu machen. Als Bäuerin auf einem konventionell bewirtschafteten Familienbetrieb ist die Landwirtschaft Lebensmittelpunkt und sorgt fürs Familieneinkommen. Als Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen-Anhalt ist die „konventionelle Landwirtschaft“ ein gefühlter Dauergegner für die überwiegende Mehrheit meiner politischen Mitstreiter*innen. Sicher ist jedoch, dass die Menschen spüren, dass ihr Umweltverhalten unseren gemeinsamen Planeten an seine Grenzen bringt und dass sich eher heute als morgen etwas ganz grundlegend ändern muss. Das wissen auch die Bäuerinnen und Bauern im Land. Ist aber richtig im gesamtgesellschaftlichen Dialog immer nur mit dem Finger auf die Bäuer*innen zu zeigen? 

Vergessen wir nicht, eine Urlaubsflugreise ist klimaschädlicher als die konventionelle Bewirtschaftung ganzer Felder. Und mit dem SUV zum Biomarkt zu fahren passt ökologisch auch nicht so richtig zusammen. Aber statt Gegenvorwürfen will ich für etwas anderes plädieren: Verständnis. Wir sind wir nun einmal alle ein Teil desselben Systems. Wir alle belasten die Umwelt immer mehr, die Bauern und die Urlauber mit unserem alltäglichen Verhalten. Kann mir nun irgendjemand sagen, wie wir diesen gesamtgesellschaftlichen Dialog führen sollen, wenn niemand sein Verhalten aufgeben und immer nur auf jemand anderes zeigen möchte? 

Dabei wäre Verlässlichkeit für ein umweltfreundliches Verhalten doch für alle wäre schön! Endlich ein Tierwohllabel, das diesen Namen auch verdient und nicht ständig hinterherhinkt! Endlich verlässliche Rahmenbedingungen, wie die Ställe der Zukunft aussehen sollen, damit wieder in moderne Tierwohl-gerechte Ställe investiert wird und nicht die alten Ställe bis zum Sanktnimmerleinstag weiter belegt werden! Endlich sollen die Autobauer für ihren Diesel-Betrug an der Umwelt gerade stehen! Endlich weniger Spritzmittel auf den Äckern! Endlich der Ausstieg aus der umweltschädlichen Verstromung von Braunkohle! Und endlich ein Tempolimit auf der Autobahn. Aber wir kommen wir da hin? Nur gemeinsam.

Danke an die Mitglieder des KV Börde, die freundlicherweise Fotomaterial zur Verfügung gestellt haben.