Grenzen trennen, Natur verbindet – Grünes Band als „Nationales Naturmonument“ ausweisen

Die Geschichte Europas und Deutschlands ist geprägt von Grenzen und Trennung. Grenzen sind Orte grauenvollen Leidens und schmerzhaften Erinnerns. So ist auch die ehemalige innerdeutsche Grenze Ausdruck von Diktatur, Unterdrückung und menschlichem Leid. Einigen Menschen gelang die Flucht aus dem Unterdrückungssystem der DDR, doch an der gesamten innerdeutschen Grenze ist von über 800 Todesopfern auszugehen.

Für die Natur bedeuten diese Orte heute paradoxerweise häufig Schutz – Schutz vor Zerschneidung ihrer Lebensräume, vor Flächenversieglung und vor intensiver Landwirtschaft. So entwickelte sich der einstige Todesstreifen zur Lebenslinie „Grünes Band“ und der frühere Eiserne Vorhang zu einem einzigartigen Verbund von Biotopen, vom Eismeer im Norden Norwegens bis zum Schwarzen Meer an der Grenze zur Türkei. Sachsen-Anhalt ist mit 343 km am Grünen Band beteiligt.

Der besondere Wert des Grünen Bandes liegt in der einmaligen Verbindung von vielfältigen Biotopstrukturen mit Resten der historischen Grenzbefestigungsanlagen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen durch die Ausweisung des Grünen Bandes als „Nationales Naturmonument“ den Erhalt dieser einzigartigen Naturräume sicherstellen und die Weiterentwicklung der Erinnerungskultur gewährleisten. Im Koalitionsvertrag haben sich die Koalitionspartner*innen gemeinsam dem Ziel, das Grüne Band als „Nationales Naturmonument“ auszuweisen, verpflichtet.

Am 9. November 2019 jährt sich die friedliche Revolution und der Mauerfall zum dreißigsten Mal. Dieser Jahrestag ist für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Anlass, ihn als zeitliches Ziel für die Ausweisung des „Nationalen Naturmonuments Grünes Band“ für Sachsen-Anhalt anzustreben. Wir werden uns innerhalb der Koalition für dieses ambitionierte Ziel einsetzen.

Eine Ausweisung des schmalen Grenzstreifens mit Kolonnenweg ist für uns dabei nur ein erster Schritt. Entlang der eigentlichen Grenze haben sich weiträumige Biotope erhalten. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehören die an den ehemaligen Kolonnenweg angrenzenden Naturräume im ehemaligen Sperrgebiet auch zum Biotopverbund des Grünen Bandes und sollten spätestens in einem zweiten Schritt ebenfalls als Bestandteil des Nationalen Naturmonuments ausgewiesen werden.

In diesem Zusammenhang ist der Prozess der Ausweisung für den sachsen-anhaltischen Teil des Grünen Bandes möglichst effizient zu gestalten, damit eine zeitnahe Ausweisung durch eine entsprechende Verordnung gemäß §15 NatschG LSA (Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt) zum 30. Jahrestag abgeschlossen ist.

Es ist Zeit mit Kommunen, Landeigentümer*innen, den Bürger*innen und betroffenen Verbänden zu sprechen, um über Chancen und Herausforderungen der Ausweisung ins Gespräch zu kommen. Zahlreiche Abschnitte des Grünen Bandes benötigen eine extensive landwirtschaftliche Nutzung, um die im Zuge der Teilung Deutschlands entstandenen Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen zu erhalten. Gemeinsam mit Landnutzer*innen und Eigentümer*innen wollen wir deshalb Wege finden, diese biologische Vielfalt zu schützen.

Die einzigartige Verbindung von Geschichte und Natur bietet die Möglichkeit diesen Teil unseres Landes den Menschen näher zu bringen. Dazu gilt es in Zusammenarbeit zwischen dem Land, den Tourismusverbänden und den regionalen Akteuren die touristische Infrastruktur auszubauen und entsprechende, nachhaltige Angebote zu entwickeln.

Das „Grüne Band“ ist ideal für eine Verknüpfung von Naturschutz und sanften Tourismus. Der sog. „Iron Curtain Trail“ führt von Finnland bis nach Tschechien an der ehemaligen Ost-West-Grenze entlang. Sachsen-Anhalt sollte den „Iron Curtain Trail“ als Radweg ausweisen und bewerben. Entlang der alten Grenze zwischen Ost und West können Fahrradfahrten der politischen Bildung und der Erinnerungskultur organisiert werden. Weitere Investitionen in Infrastruktur wie z.B. Übernachtungsmöglichkeiten sollen von den Tourismusverbänden angeregt werden. Die Erhöhung des Anteils des Radverkehrs an der Urlaubsmobilität dient auch dem Klimaschutz.