LKW-Maut auf Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen in Sachsen-Anhalt

Bündnis 90/Die Grünen Sachsen-Anhalt setzen sich für klimafreundliche Mobilität ein. Dazu gehört, Gütertransporte auf der Schiene zu stärken und Transporte auf Straßen per LKW zurückzudrängen. Des Weiteren sollen die Verursacher von Schäden an Infrastruktur (Straßen und Brücken) an den Instandsetzungs- und Erhaltungskosten beteiligt werden. Ein Mittel, um den Güterverkehr auf der Straße unattraktiv zu machen, ist die Einführung einer Maut auf Landes-, Kreis und Gemeindestraßen.

Diese soll analog zur LKW-Maut auf Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen) via Mautsystem Gebühren für die Nutzung von Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen festgeschrieben werden. Die Einnahmen sollen prioritär in die Instandsetzung und Erhaltungder Landes-, Kreis und Gemeindestraßen, den Ausbau der Radinfrastruktur und den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (Bahn-Bus-Landesnetz) investiert werden.

Zudem soll sich das Land Sachsen-Anhalt auf Bundesebene für ein bundesweit einheitliches Mautsystem für Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen einzusetzen und eine entsprechende Initiative in den Bundesrat einbringen bzw. unterstützen.

Warum ist uns eine LKW-Maut so wichtig?
LKW-Verkehre auf unseren Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen – Ausmaß und Auswirkungen

Die Straßen im Land sind vielfach im schlechten Zustand. Sanierungsbedürftig waren im Jahr 2017 41,5 % der Landesstraßen, das sind ca. 1.660 km. Für weitere 747 km Landesstraßen, das sind 18,6 %, ist eine intensivere Beobachtung nötig. Auch um viele Brücken im Zuge von Landesstraßen steht es nicht besonders gut, da rund 15 % der 742 Brücken im Zuge vonLandesstraßen in einem problematischen Zustand sind, der von „nicht ausreichend“ bis „ungenügend“ reicht. Entsprechend der aktuellen Bauwerksprüfungen im März 2023. Für ein Flächenland ist eine funktionsfähige Infrastruktur essentiell für die Sicherung der Mobilität. Busse und E-Autos, Car-Sharing Ansätze, Rettungswagen und natürlich PKWs sind auf sichere, funktionsfähige Straßen angewiesen. Für die Kreis- und Gemeindestraßen existieren derartige statistische Angaben nicht. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass es um diese Straßenkategorien nicht besser gestellt ist. Eher das Gegenteil ist zu erwarten.

Ein Grund für zunehmende Straßenschäden ist die Intensivierung des LKW-Verkehrs. Neben der Witterung der entscheidende Faktor für Qualitätsverschlechterungen der Bausubstanz. Auf den am stärksten belasteten Landesstraßen fahren weit über 1.200 Fahrzeuge des Schwerverkehrs (wie z. B. auf der L 143 bei Landsberg) und das pro Tag. Dabei belastet ein schwerer LKW die Fahrbahn mit dem 165-fachen eines PKW. Nicht nur verursacht der LKW-Verkehr direkte Schäden an der Fahrbahndecke, sondern das sogenannte Rutting, ein Nachschwingen des Bodens unter Last, das sich wellenförmig ausbreitet, führt auch zu Schäden im Untergrund, etwa bei Versorgungsleitungen und der Kanalisation. Gerade bei Ortsdurchfahrten führt der LKW-Verkehr auch zu Schäden an Gehwegen und anliegenden Gebäuden.

Letztlich beruht das Geschäftsmodell von Speditionen darauf, öffentliche Infrastruktur – insbesondere eben Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen – kostenfrei zu nutzen und damit zu verschleißen. Im Gegensatz dazu ist für jede Zugfahrt im Schiennetz ein Trassenpreis zu zahlen. Öffentliche Mittel, die Gelder aller Menschen, werden dann eingesetzt, um eben jene Straßen wieder in Schuss zu bringen auch für den LKW-Verkehr, die zuvor von eben diesen LKWs in Grund und Boden gefahren wurden. Diese einseitige Subventionierung des LKW-Verkehrs muss nun beendet werden. Es muss für die Speditionswirtschaft attraktiver werden, auf den Kombinierten Verkehr zu setzen und es darf eben nicht sein, dass man einen schweren LKW konstengünstiger als per Schiene quer durch das Land fahren zu lassen.

In den Landeshaushalten seit 2020 standen jeweils rund 85 Millionen Euro pro Jahr für die Landesstraßen bereit (Für Kreis- und Gemeindestraßen liegen keine Zahlen vor). Hauptsächlich für die Instandsetzung. Aufsummiert in nur drei Jahren: 255 Millionen Euro. Gemäß Strategie Landesstraßenbau 2030 ist auch für die kommenden Jahre mindestens diese Summe avisiert. Und dies vor dem Hintergrund eines stets engen finanziellen Handlungsspielraum des Landes, der sich in chronischer Unterfinanzierung von Radwegebau und ÖPNV manifestiert.

LKW-Maut als Anreiz für die Mobilitätswende

Eingedenk dieses Sachstandes gilt es das Verursacherprinzip zu stärken. Wer die Straßen übermäßig stark abnutzt, ist entsprechend auch zur Kasse zu bitten. Damit nicht einseitig die öffentliche Hand für Schäden an unseren Straßen aufkommen muss, die wesentlich von privaten Unternehmen verursacht werden. Hinzu kommt das übergreifende Anliegen einer dringend nötigen Mobilitätswende. Dafür braucht es vermehrt Gelder für den Ausbau der Radwege an Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen und für die Ausweitung des ÖPNV-Angebots.

Ein Mittel der Wahl für diese Zielstellungen ist die Einführung einer LKW-Maut für Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen. Auf Bundeseben für Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen) gängige Praxis. Formal möglich auch auf Landesebene durch Verabschiedung eines entsprechenden Landesgesetzes. Die Einnahmen einer solchen Landesmaut sollen neben der Instandsetzung und Erhaltung der Landes-, Kreis und Gemeindestraßen auch dem weiteren Ausbau des Radwegenetzes und dem Ausbau des ÖPNV dienen. Etwa dem Bahn-Bus Landesnetz. Ausgeschlossen gehört die Nutzung der Gelder für Straßenneubau und -umbau / Kapazitätserweiterung. Wir haben im Land genügend Straßen. Es gilt diese in gutem Zustand zu erhalten.

Die LKW-Maut sollte nicht nur auf Landesstraßen ausgeweitet werden, sondern auch auf alle anderen Straßenklassen in Sachsen-Anhalt, insbesondere weil:

  1. die Landesstraßen nicht gesondert beschildert sind und für Verkehrsteilnehmende (z. B. aus anderen Bundesländern) die Fahrt auf einer Landesstraße nicht erkennbar ist. Ortskundige würden dann ggf. über Kreis- und Gemeindestraßen ausweichen
  2. es technischer einfacher ist, z. B. über Geofencing, festzustellen, ob ein LKW innerhalb von Sachsen-Anhalt fährt oder nicht. Die Feststellung einer Fahrt auf einer Landesstraße, ist technisch nicht ganz trivial
  3. die drei kreisfreien Städte und alle Städte über 50.000 Einwohner nichts von der Maut auf Landesstraßen haben werden, da diese gemäß §42 StrG LSA selbst innerhalb der Ortsdurchfahrten für die Landesstraßen zuständig sind, aber gerade dort sehen die Straßen nicht besonders gut aus.

Wenn man die Maut für alle Straßen innerhalb von Sachsen-Anhalt erheben würde, also auch auf Kreis- und Gemeindestraßen, dann werden alle kommunalen Gebietskörperschaften davon profitieren.

Neben dem fiskalischen Anliegen insbesondere die Sanierungskosten gerechter zu verteilen und der öffentlichen Hand damit mehr Spielraum bei Infrastrukturmaßnahmen des Umweltverbundes zu eröffnen, ist das Anliegen auch getragen von dem Ziel eines sozialökologischen Umbaus der Verkehrs- und Wirtschaftsstruktur. Die LKW-Maut auch auf Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen kann regionale Wirtschaftskreisläufe stärken. Auch können Speditionen zu weiteren Effizienzsteigerungen geneigt sein und Fahrten noch besser abzustimmen und zu bündeln. Anreize für weniger und kürzeren LKW-Verkehr sind dringend nötig. Nur so kann die Verlagerung auf die Schiene klappen. Nur so können wir zu einem Verkehrssektor gelangen, der seine Klimaziele einhält. Und nur weniger LKW-Verkehr ist die nachhaltige Lösung für das Problem der massiven Lärmbelastung in zahlreichen Gemeinden in Sachsen-Anhalt. Teure und flächenfressende Umgehungsstraßen heilen nur Symptome. Es braucht nicht mehr Umgehungsstraßen, sondern schlicht weniger LKW-Verkehr. Auch dazu kann eine LKW-Maut beitragen.

Als Nebeneffekt wird so der Anreiz für Ausweichverkehre der LKW-Maut auf Bundesfernstraßen verhindert. Wenn alle Straßen im Land kostenpflichtig sind, lohnt es sich nicht mehr Bundesautobahnen ggf. mittels Landesstraßen zu umfahren. Auch dies kann die Verkehrslast in unseren Gemeinden reduzieren.

Die Wahrscheinlichkeit und Intensität solcher Ausweichverkehre ist die auf Bundesebene angekündigte Ausweitung und Erhöhung der LKW-Maut im Rahmen des Modernisierungspaketes für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung des Koalitionsauschusses. Gleichzeitig zeigt die Erhöhung der LKW-Maut auf 200 Euro pro Tonne CO₂, die Ausweitung auf 3,5t LKWs und die Öffnung der Mittelverwendung für den Schienenverkehr den übergreifenden politischen Konsens zur Nutzung einer LKW-Maut. Eine solche Maut auf Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen flankiert und unterstützt damit eine bundespolitische Initiative.

Beschlossen auf dem 48. Landesparteitag in Wittenberg am 6. Mai 2023.