Gebloggt: Über Gewalt

Am Ende eines Wochenendes, das in Hamburg von Chaos und Gewalt geprägt war reibe ich mir die Augen und denke: What the fuck????

Ein Text von Susan Sziborra-Seidlitz | Es gäbe viel zu schreiben über das unwürdige Politiktheater namens G20, über Despoten, Demagogen und Diktatoren, denen in Hamburg eine Bühne und ein fluffiges Abendprogramm geboten wird, über eine polizeiliche Einsatzstretegie, die hart, eskalativ und offensiv durchaus Raum für Kritik bietet, und an ganz anderen Stellen ebenso für Dank an jede und jeden einzelnen Beamten, über die wichtigen und kreativen friedlichen Proteste einer großen Menge von Menschen, die etwas zu sagen haben zur Zukunft der Welt, und die das so bunt und deutlich taten, dass sie eigentlich nicht zu übersehen und -hören gewesen sein dürften. Eigentlich.

Rauchschwaden über Sankt Pauli und vermummte Steinewerfer werden wohl am Ende die eindrücklichsten Bilder dieses Wochenendes bleiben.

Das Herz dieser Einstellung, das Herz dieser Stadt legt ihr in Schutt und Asche.

Ihr Idioten! Ausgerechnet Hamburg. Die Stadt, die wohl so offen wie keine Andere in Deutschland ist für Kritik am System, die tolerant, bunt und immer ein bisschen anarchisch ist. Wo Solidarität gelebt wird und Unterschwellig immer ein bisschen Subversion. Das Herz dieser Einstellung, das Herz dieser Stadt legt ihr in Schutt und Asche. Und begründet diesen Gewaltexzess am Ende mit der Gewalt, die „der Staat“ tagtäglich gegen euch ausübt.

Gewalt ist immer ein Mittel der Unterdrückung – das Ende von Freiheit.

Bullshit!!!! Kiezläden plündern gegen Polizeiwillkür? Kleinwagen abfackeln gegen Bonzen? Ihr habt sie doch nicht alle! Was euch treibt ist nichts als die Lust am Adrenalin (und das ist physiologisch durchaus zu erklären – was es nicht besser macht, denn ihr seid ja keine Tiere). Die, auf die ihr da Steine schmeißt sind Menschen, nicht Klone oder Robots. Und Hamburg ist ein Ort, an dem Leute leben, kein Schauplatz einer Kino-Dystopie. Wo immer es eine gemeinsame Basis der Gesellschaftskritik gab – ihr habt sie verlassen. Gewalt ist immer ein Mittel der Unterdrückung – das Ende von Freiheit. Ihr zerstört die Freiheit des stolzen jungen Mannes, der sich sein Auto zusammengespart hat, um zu Festivals zu fahren, die körperliche Unversehrtheit der Alten, denen morgens keiner die Insulinspritze setzen kann, weil der Pflegedienst plötzlich ohne Fahrzeug dasteht, ihr zerstört das gerade wiedergewonnene Gefühl von Sicherheit bei Geflüchteten, die sich in der muggeligen Solidarität des Schanzenviertels gerade wie im Frieden gefühlt haben und ihr zerstört die Existenz des Kiezladen-Besitzers, der plötzlich ohne Scheiben und mit leeren Regalen und zerstörter Ware dasteht. Und erzählt nichts von einem höheren Zweck!

Gesellschaftliche Veränderungen lassen sich nur mit Verbündeten erreichen, und die Verbundenheit der Protestgesellschaft habt ihr gerade auf einen Schlag verspielt. Und das in Hamburg. Ausgerechnet!